"Coaching ist Arbeit mit Menschen"
Interview mit Head Coach Felix Brenner
von Axel Streich
Mit Felix Brenner wurde im vergangenen Winter sehr bewusst ein Eigengewächs für das höchste Traineramt bei den Schwäbisch Hall Unicorns berufen. Der 37-jährige ehemalige Nationalspieler hat in 24 Jahren Unicorns-Football viel „Stallgeruch“ angenommen und lebt die Unicorns-DNA.
Vor seiner ersten Saison als Head Coach in der ERIMA GFL haben wir uns mit Felix darüber unterhalten, wie er sich in dem neuen Amt zurechtfindet, was ihm wichtig ist und was die Fans in der Saison 2025 erwarten dürfen.
Seit November 2024 bist du Head Coach des GFL-Teams, bleibst aber auch weiterhin Offensive Coordinator. Was ist anders?
Felix Brenner: Von der Sache her ist das vergleichbar, aber es ist eben deutlich umfangreicher und mit mehr Verantwortung verbunden. In der Offense sind es 25 bis 30 Spieler, im gesamten Team 60 bis 80. Und Coaching ist eben eine Arbeit mit Menschen, in der immer wieder verschiedenste Themen aufkommen. Das ist einfach zeitintensiv, weil es von allem etwas mehr ist.
Da braucht es sicher Prioritäten. Wie setzt du die?
Ganz klar: Das gesamte Team kommt vor der Offense. Darunter leidet die Offense aber nicht, weil ich mir in den letzten zwei Jahre an vielen Stellen in der Offense eine Routine erarbeitet habe, die mir heute hilft, zeiteffizienter in der Offense zu arbeiten.
Was ist aus deiner Sicht das Schwerste am Head-Coach-Amt?
Die Einteilung von Zeit und Ressourcen! Man ist eigentlich nie fertig und muss ständig abwägen, wieviel kann und muss ich in welches Thema reingeben, damit das Gesamtkonstrukt am Ende passt und die Themen erledigt werden. Man muss sich immer wieder bewusst machen, dass Ressourcen nun mal begrenzt sind.
Das gilt übrigens nicht nur für den Head Coach, das gilt für die gesamte Organisation und alle Unicorns-Teams. Wir haben in vielen Bereichen das Gefühl, chronisch unterbesetzt zu sein und vergessen dabei sehr oft, wie viele Leute sich für die Unicorns engagieren und wie viel da auf hohem Niveau geleistet wird. Das ist alles keine Selbstverständlichkeit, verdient große Wertschätzung und das Verständnis dafür, dass manchmal einfach auch Grenzen erreicht sind.
Und was ist das Schönste?
Die Menschen, mit denen ich arbeiten darf! Sich die Zeit füreinander zu nehmen, ist immer so lohnenswert und die Dinge werden dadurch leichter, weshalb ich in der Offseason auch großen Wert auf Gespräche gelegt habe. Das war der Grundstein dafür, dass die Entwicklung in der Offseason sehr positiv war und uns alle ein Stück weit beflügelt hat.
Was heißt das konkret? Was macht ihr 2025 anders?
Meine Vision und mein größtes Ziel für 2025 war und ist „Team Chemistry“. Egal was wir machen, wir machen es gemeinsam und entsprechend lautet unser Motto in diesem Jahr auch „Better Together“. Ein Motto, das wir auch leben – nicht nur im Spiel, sondern auch im Training, bei Meetings und bei der Weiterentwicklung als Spieler und als Coach. Dazu gehört auch eine offene und konstruktive Feedbackkultur zwischen Spielern und Trainern. Wir Coaches wissen auch nicht immer alles besser und brauchen die Rückmeldung von den Spielern genauso, wie sie unser Feedback brauchen. Voraussetzung dafür, dass wir davon als Team profitieren, ist, dass alle auch bereit sind, Feedback anzunehmen. Bislang funktioniert das sehr gut!
Schauen wir auf das Team: Was hat sich in der Mannschaft verändert?
In der Offense haben wir einen kompletten Austausch bei den Imports und mit Cristian Santos Insua konnten wir einen namhaften Runningback aus der ELF wieder für uns begeistern. Ansonsten haben wir da relativ viel Konstanz, ergänzt um ein paar starke Zugänge, hauptsächlich aus unseren eigenen Reihen
In der Defense ist es genau umgekehrt: Die Imports Monteze Latimore und Sam Viera sind wieder dabei und drum herum haben wir sehr viele neue Spieler hinzugewonnen. Viele davon noch sehr jung und mit viel Potenzial aus der U20 und dazu gezielt Spieler von außen, die dabei sind, sich in unserem System zurechtzufinden.
Wo lagen in der Offseason die besonderen Herausforderungen beim Recruiting?
Zunächst mal ist es in gewisser Weise beruhigend, dass es bei uns im Vergleich zur Konkurrenz keine besonderen Herausforderungen gibt. In Gesprächen mit meinen Head-Coach-Kollegen in der ERIMA GFL stelle ich immer wieder fest, dass alle dieselben Probleme haben. An Nummer eins steht dabei die Personaldecke bei den sogenannten „schweren Jungs“, also den Linemen in Offense und Defense, was überall auch den Trainingsbetrieb erschwert. Grundsätzlich ist es aufgrund der ELF höheren Nachfrage an Spielern heutzutage herausfordernder, auf dem umworbenen Spieler-Markt fündig zu werden. Insgesamt haben wir die Offseason aber gut meistern können. Aus der U20 und der U2 haben wir talentierte Jungs hinzugewonnen, von denen der eine oder andere bereits als Starter zu sehen sein wird.
Und wie schätzt du 2025 die Gegner in der ERIMA GFL ein?
Das ist wie jedes Jahr vor den ersten Spielen schwer einzuschätzen. Man hört und liest immer mal von einer starken Neuverpflichtung hier oder einem prominenten Abgang dort. Am Ende muss das aber alles nichts heißen. Unter dem Strich werden alle GFL-Standorte schlagkräftige Teams haben. Für uns ist das aber eher zweitrangig, denn wir müssen vielmehr auf uns und die Entwicklung unserer jungen Spieler schauen, als auf die Gegner. Favoriten kann und will ich nicht definieren. Das wird sich zeigen, wenn die ersten Spiele gespielt sind.
Was glaubst du ist 2025 die markanteste Veränderung bei den Unicorns gegenüber dem Vorjahr?
Die sichtbarste Veränderung wird wohl die Spielweise unseres Quarterbacks sein, denn mit Josh Taylor haben die Unicorns seit recht langer Zeit wieder einen Dual-Threat-Quarterback. Im Training und im Vorbereitungsspiel gegen Düsseldorf hat er schon gezeigt, dass er ein sehr mobiler und flexibler Spielmacher ist, der die Haller an Ira Vandever oder Jake Spitzelberger erinnern könnte. Er hat die Fähigkeit, Plays zu verlängern, sie wenn es sein muss auch selbst zu machen und er fühlt sich in unserem Offense-System sehr wohl. Beste Voraussetzungen also dafür, dass unseren Fans im Optima Sportpark Abwechslung gegenüber den Vorjahren geboten werden kann.
Aus dem U MAG 01/2025: Das Interview erscheint zum Saisonstart in der ERIMA GFL im U MAG 01/2025, das am Samstag dem Haller Tagblatt, der Gaildorfer Rundschau und dem Hohenloher Tagblatt beiliegt sowie im Optima Sportpark zu haben sein wird.

Foto: Schwäbisch Hall Unicorns
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